Der Vampir
von Feodor Löwe
Es ist der Dichter ein Vampir,
Der aus dem Reich der Schatten taucht,
Und mit der heftigsten Begier
Das eig’ne warme Herzblut saugt.
Er nähret sich von seinem Schmerz,
Es ist der Thränen Salz sein Mahl;
Und wenn ihm blutend zuckt das Herz,
Dann letzt er sich an seiner Qual.
Durch Steppen streift er, durch den Wald,
Durch wirthlos Haideland und Moor,
Und ruft aus Kluft und Felsenspalt
Die bösen Geister all’ hervor
In lust’ger Elfen nacht’gen Tanz,
In ihre buntgemischten Reih’n,
Als wär er selbst nur Duft und Glanz,
Mischt er sich sinnberauscht hinein.
Ihn freut das tobende Gewühl,
Das flammend seine Brust durchzieht,
Denn jedes streitende Gefühl
Erschafft in ihm ein neues Lied.
Und was er denkt, er singt es fort
In seines Dranges wilder Glut,
Und weiß nicht, daß ein jedes Wort
Ein Tropfen ist von seinem Glut.
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